Mittwoch, 12. Februar 2014

"Vorsicht! Wahlkampf (Teil 2)": Wer kann sich alles in den Jenaer Stadtrat wählen lassen? - Eine kleine Einführung in das Thüringer Kommunalwahlrecht


(lsn / lange) - Wer dieses Jahr in den Jenaer Stadtrat will, der hat dazu verschiedene Möglichkeiten.

Entweder er lässt sich von einer Partei (nach dem ThürKWG sind dies Parteien im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes) auf deren Liste als Kandidat aufstellen oder von Wählergruppen als Bewerber auf deren Liste aufnehmen. In beiden Fälles bedarf es einer geheimen Wahl der Bewerber, die von einer gewählten Wahlkommission / Zählkommission durchgeführt bzw. kontrolliert wird.

Wahlberechtigt im Rahmen einer zu diesem Zweck für das Jenaer Stadtgebiet ordentlich (d. h. mindestens zwei Wochen zuvor und schriftlich) einberufenen Versammlung sind alle im Wahlgebiet wahlberechtigten Mitgliedern der Partei oder Angehörigen der Wählergruppe. Im letzteren Fall muss eine Liste der registrierten Angehörigen der Wählergruppe vorgelegt werden können, damit gegenüber dem Wahlleiter ggf. die ordentliche Ladung nachgewiesen werden kann; idealerweise organisieren sich Wählergruppen deshalb spätestens ein halbes Jahr vor der Wahl als Verein und lassen sich beim Amtsgericht im Vereinsregister eintragen.

Jeder stimmberechtigte Teilnehmer der Versammlung ist auch vorschlagsberechtigt. Die Bewerber sind in erkennbarer Reihenfolge unter Angabe ihres Namens und Vornamens sowie ihres Geburtsdatums, ihres Berufs und ihrer Anschrift aufzuführen. Den Kandidaten ist Gelegenheit zu geben, sich und ihre Ziele der Versammlung in angemessener Zeit vorzustellen.

Doch was muss eine Partei (z. B. die FDP) oder Wählergruppe (z. B. "Bürger für Jena") noch erfüllen, damit ihr Wahlvorschlag für die Kommunalwahl am 25. Mai 2014 zugelassen wird? Zuerst müssen alle Wahlvorschläge die eigenhändigen Unterschriften von mindestens zehn Wahlberechtigten tragen, die nicht Bewerber des Wahlvorschlags sind. Zudem muss jeder Wahlvorschlag den Namen und gegebenenfalls die Kurzbezeichnung der Partei oder der Wählergruppe als Kennwort tragen. Wahlvorschläge von Parteien oder Wählergruppen, die nicht seit der Bundestagswahl 2013, der letzten Thüringer Landtagswahl, der letzten Kommunalwahl oder im Jenaer Stadtrat ununterbrochen vertreten sind, müssen zusätzlich zu den zehn erforderlichen Unterzeichnungen nochmals viermal so viele Unterschriften von Wahlberechtigten vorlegen, wie Stadtratsmitglieder zu wählen sind; derzeit sitzen im Stadtrat 46 Stadträte. Außerdem können weitere zusätzliche Unterstützungsunterschriften nötig sein.

Wichtig hierbei ist, dass Mehrfachunterzeichnungen (also für mehr als eine Partei und/oder Wählergruppe) vom Wahlausschuss für ungültig zu erklären und von der Zahl der notwendigen Unterschriften abzuziehen sind. Außerdem können notwendige Unterstützungsunterschriften nicht "auf der Straße" eingesammelt werden sondern sind vom Tag nach der Einreichung des Wahlvorschlags bis spätestens zur vom Wahlleiter bekannt gegebenen Eintragungsfrist auf den bei der Stadt Jena ausgelegten Unterstützungslisten unter Angabe des Vor- und Nachnamens, der Anschrift und des Geburtsdatums einzutragen und es ist eine eigenhändige Unterschrift der Unterstützers zu leisten.

Der Wahlleiter fordert spätestens am 28. März 2014 durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zur Einreichung von Wahlvorschlägen auf. Die Wahlvorschläge können dann frühestens nach der öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Jena und spätestens am 11. April 2014 eingereicht werden. Schließlich hat der Wahlleiter die vom Wahlausschuß als gültig zugelassenen Wahlvorschläge und Listen spätestens am 03 Mai 2014 im Amtsblatt der Stadt Jena öffentlich bekanntzumachen. In der Bekanntmachung werden die Wahlvorschläge in folgender Reihenfolge mit einer Listennummer versehen:

A) Rangfolge der Parteien, die im Thüringer Landtag vertreten sind, nach der bei der letzten Landtagswahl erreichten Stimmenzahl = 1.) CDU, 2.) Die Linke, 3.) SPD, 4.) FDP, 5.) B'90/Grüne etc.

B) sonstige Parteien und Wählergruppen, die aufgrund eines eigenen Wahlvorschlags im Stadtrat vertreten sind, nach der bei der letzten Wahl erreichten Stimmenzahl = Bürger für Jena,

C) sonstige Parteien und Wählergruppen nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags; gehen mehrere Wahlvorschläge am selben Tag ein, so ist die alphabetische Reihenfolge des Kennworts maßgebend = ggf. Piraten, AfD, Freie Wähler u.s.w.

Man sieht: viel Bürokratie ist notwendig, wenn man eine eigene Liste aufstellen will, aber die Mühe lohnt sich, denn nur so kann man ggf. als Fraktion in den Stadtrat einziehen. Einzelkandidaten können  natürlich ebenfalls in den Stadtrat gewählt werden, haben aber kaum Rechte zur kommunalen Mitwirkung; bei der letzten Kommunalwahl sind in Jena als EInzelkandidaten in den Stadtrat eingezogen: Heike Seise (3.293 Stimmen) und Martin Michel (2.412 Stimmen).

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