Freitag, 27. Dezember 2013

"Der 'NSU'-Prozess - 69. bis 71. Tag": Prof. Dr. Mundlos legte sich mit dem Vorsitzenden Richter an - 91-jährige Zeugin war bei der Videobefragung überfordert


(schwarz und szabo) -
Auch wenn er das Wort vor dem Müncher Oberlandesgericht nicht komplett aussprach, so wählte er es doch gegenüber dem Vorsitzenden Richter mit Bedacht. Auf eine Frage von Manfred Götzl sagte Professor Dr. Siegfried Mundlos, der im Zeugenstand befindliche Vater des "NSU"-Terroisten Uwe Mundlos, unvermittelt: "Sie sind ein kleiner Klugsch...". Da für Götzl kar war, was Siegfried Mundlos mit seinen Worten gemeint hatte, drohte er dem Jenaer Informatikprofessor und Vater des verstorbenen Uwe Mundlos daraufhin Ordnungsmittel an, führte anschließend aber die Vernehmung fort.

Der 69. Verhandlungstag am 18.12.2013:

Am 69. Prozesstag gerieten der, als Zeuge geladene, Vater des "NSU"-Terroristen Uwe Mundlos und der Vorsitzenden Richter mehrfach aneinander. Den Gipfel erreichte aus verbale Auseinandersetzung als der Zeuge Richter Götzl mit den Worten: "Sie sind ein kleiner Klugsch..." beleidigte. Zuvor hatte Götzl den Zeugen gefragt, weshalb er mit seinen Sohn nicht darüber gesprochen habe, dass dieser dessen Freund Uwe Böhnhardt für eine "tickende Zeitbombe" hielt.

Auf dem Weg zu dieser verbalen Eskalation erregte Siegfried Mundlos gleich zu Beginn seiner Vernehmung eine Wasserflasche und einen Apfel auf den Zeugentisch und biss nach einer guten halben Stunde in die Frucht, worauf Götzl die Sitzung mit den Worten unterbrach: "Wenn Sie jetzt Hunger haben, dann unterbreche ich, und wir machen eine Pause für zehn Minuten." Zuvor schon hatte der Richter seinem Umut über den maßlos selbstbewusst auftretenden Fachhochschulprofessor aus Jena Luft gemacht als er sagte: "Ich mache mein Geschäft wirklich nicht erst seit ein paar Jahren. Aber ich muss Ihnen schon sagen, Herr Dr. Mundlos, dass Sie der erste Zeuge sind, der hier seine Brotzeit auspackt!"

Auch später kam es kam es zu teilweise längeren Diskussionen zwischen Mundlos und dem Vorsitzenden Richter (Beispiel: "Sie können mich ruhig Professor Mundlos nennen!" - "Ich nenne Sie Dr. Mundlos, das ist Ihr Name!"), als Siegfried Mundlos eine Erklärung abgeben wollte, darüber, "dass die Unschuldsvermutung von der Presse und den Beteiligten, insbesondere der Staatsanwaltschaft, beachtet wird"m was Götzl mit den Worten "Sie haben offensichtlich vor, Ihre Zeugenrolle nicht einzunehmen!" und "Es ist nicht die Aufgabe des Zeugen, einen Prozess zu gestalten!" kommentierte. Mehrmals an diesem Tag musste Götzl den Zeugen ermahnen, nur zur Sache auszusagen.

Über seinen Sohn berichtete der Vater, Uwe Mundlos sei sehr hilfsbereit gewesen, besonders zu seinem zwei Jahre älteren behinderten Bruder. Zur Wendezeit habe er den Vater zudem im Streit um eine behindertengerechte Wohnung unterstützt. Das Fazit von Siegfried Mundlos: "In der DDR wäre er als systemkritischer Geist durchgegangen." Er bedauert aber auch die Entwicklung, die sein Sohn genommen hatte. Siegfried Mundlos: "Ich habe nicht gewusst, wie tief er in der rechten Szene steckte. (...) Innerhalb der Familie gab es keinen Anlass, dass er in die rechte Szene abgedriftet ist. Ich habe es bedauert, dass der Opa zu früh gestorben ist. Denn der hätte ihm erklären können, wie schlimm das Dritte Reich war."

Und Prof. Mundlos kommentierte das Geschehen weiter aus seiner Sicht und teilweise ohne auf die Fragen von Götzl einzugehen, etwa mit den Worten: "Die ständige Beobachtung von Böhnhardt und meinem Sohn führte dazu, die beiden noch irrer zu machen! Das gilt auch für die Herren der Bundesanwaltschaft." Der Vorsitzende Richter: "Woher wissen Sie das? Oder haben Sie das irgendwo gelesen?" Mundlos: "Ich will Ihnen nur meine Erklärungsversuche schildern!" Anschließend versuchte er sogar, Götzl zu belehren. "Sie können die Sache erst aufklären, wenn Sie die Rolle des Verfassungsschutzes aufklären. Und wenn sich die Bundesanwaltschaft nicht weiter so hartleibig zeigt - das deutsche Volk wird sich das nicht gefallen lassen!", sagte er zu dem Rcihter, worauf Oberstaatsanwalt Weingarten erwiderte: "Der Zeuge soll hier bitte keine Volksreden halten."

Der 70. Verhandlungstag am 19.12.2013:

Erneut wurde Prof. Mundlos vernommen, wobei sich dabei wieder nichts wirklich erhellendes ergab. Offensichtlich hat der Vater von Uwe Mundlos nicht viel davon mitbekommen, was sich im Leben seines Sohnes ereignete, vermische dagegen eigenes Wissen mit Gehörtem und Gelesenem und wollte erneut Dinge mitteilen, wobei ihm manche Fragen wohl nicht so wichtig waren. Allerdings erregte seine Aussage zum Verhalten seines verstorbenen Sohnes im KZ Buchenwald Aufsehen. "Sein Eintrag ins Gästebuch war nicht zu beanstanden”, sagte Mundlos und fügte an "nur das Outfit war eine Frechheit."

Der 71. Verhandlungstag am 20.12.2013:

Die lange fragliche Videovernehmung von Charlotte E. wurde durchgeführt, einer ehemaligen Nachbarin von Beate Zschäpe aus Zwickau. Obwohl ein Gutachter die Greisin für vernehmungsfähig erklärt hatte, erbrachte die Befragung kaum weiterführende Erkenntnisse, da die 91-Jährige an Demenz leidet. Es war zu erkennen, dass die alte Dame aus gesundheitlichen Gründen nicht nur nicht persönlich vor Gericht erscheinen, sondern dass sie dem Geschehen - so sehr sich der Vorsitzende Richter auch Mühe gab - überhaupt kaum folgen konnte. Es sollte um die Brandstiftung in der Zwickauer Wohnung des "NSU" gehen. Die Anklage wirft Beate Zschäpe vor, sie habe den Tod der Nachbarin und zweier Handwerker in Kauf genommen, als sie das Feuer legte. Bei der Polizei hatte Charlotte E. ausgesagt, jemand habe bei Ausbruch des Brandes bei ihr geklingelt. Dies ließ sich bei der Befragung nicht eindeutig klären, worauf Martin Götzl die Videovernehmung aus Rücksicht auf Charlotte E. abbrach.

Der Prozess wird erst im neuen Jahr fortgesetzt. Als Zeugenladungen für Januar wurden u.a. bekannt gegeben: die Mutter von Uwe Mundlos, die Mutter der ermordeten Polizistin Michéle Kiesewetter und deren ehemaliger Kollege Martin Arnold, der bei dem Mordanschlag neben Kiesewetter im Streifenwagen saß und den Anschlag schwer verletzt überlebte.

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