Sonntag, 11. August 2013

"Günstiges Wohnbauland in Isserstedt (Teil 3)": Was bedeutet der Begriff "erschlossen" für einen Grundstückskäufer? - Kommt dann nichts mehr an Erschließungskosten auf ihn zu?


(lsn / thomas hölke) - Wie wir in den beiden bisherigen Teilen unseres Berichtes bereits ausführten, ist Seriösität ein wichtiger Grundpfeiler bei Grundstücksgeschäften. Und wie unsere Sommerumfrage gerade belegt hat, ist dies den Jenaern in etwa gleich wichtig mit dem Punkt, dass das Bauland günstig ist: 58 % der Befragten wollen günstiges Bauland, wenn der Bauträger bzw. der Verkäufer seriös ist.

In Jena-Isserstedt wird "Unter dem Krippendorfer Weg" für 100 Euro pro Qm mit das günstigste Bauland im Jenaer Stadtgebiet angeboten. Dass dies sogar noch unter dem Begriff "erschlossen" geschieht, führte zu allgemeinen Fragen, die man wie folgt beantworten kann:

Die Herrichtung einer Fläche als Bauland ist je nach Lage und Geografie mit mehr oder weniger hohen Kosten verbunden. Straßen, Fuß- und teilweise Radwege, Kanalisationsrohre, Leitungen für Strom, Wasser und Medien müssen verlegt werden. Jedes Baugrundstück wird an das öffentliche Ver- und Entsorgungsnetz angeschlossen; die damit verbundenen Kosten werden auf die zukünftigen Eigentümer der Grundstücke umgelegt, wobei sich diese Kosten in der Regel nach der Grundstücksgröße bemessen und als "Erschließungskosten" bezeichnet werden.

Hierbei handelt es sich nach dem Baugesetzbuch / BauGB um einmalige Geldleistungen der Grundstücksneueigentümer, mit denen der Wertvorteil eines erschlossenen Grundstücks gegenüber einen einfachen Wiesengrundstück abgegolten werden muss. 90 % der Kosten für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen hat ein Käufer nach § 129 BauGB zu zahlen. Im Internet kann man bei "gutefrage.de" oder anderen sozialen Netzwerken einige Schilderungen von Familien finden, die gebaut hatten und ihre Erschließungskosten dargelegt haben. Zusammengenommen ergibt sich folgendes Bild für ein beispielhaftes Grundstück von 700 Qm und zwei Geschossen:

Erstmaliger Anschluss an das Abwassernetz = 4.650 Euro
Erstmaliger Anschluss an die Wasserversorgung = 2.900 Euro
Anschluss an die Gasversorgung = 1.150 Euro
Anschluss an die Stromversorgung = 2.350 Euro
Kostend ererstmaligen Straßenerschließung = 21.400 Euro
Sonstige Kosten der Erschließung (inkl. Telekom und Kabel) = 1.300 Euro

Das muss nun in Isserstedt nicht genau so sein, aber beispielhaft fallen für das genannte Grundstück von 700 Qudratmetern Erschließungskosten in Höhe von insgesamt rund 33.750 Euro an (oder rund 48 Euro pro Qm). Ob diese im Preis des Grundstücks enthalten sind, erfährt man vom Verkäufer. In Jena-Isserstedt "Unter dem Krippendorfer Weg" wird das Bauland z. B. für 100 Euro "erschlossen" angeboten, sodass der Kaufpreis für ein dortiges 700 Qm großes Grundstück 70.000 Euro beträgt und - unserem Beispiel folgend - bereits Erschließungskosten von etwa 33.750 Euro enthalten würde. Eine richtige "Faustformel" für die Höhe von Erschließungskosten gibt es nicht, aber man kann sich bei der Stadt Jena bzw. den Stadtwerken über die Parameter der Beitragserhebung bzw. der Anschlusskosten informieren. Jüngst ging es z. B. vor dem Oberlandesgericht Jena um die Höhe der Erschließungskosten aus einem Grundstücks-Kaufvertrag, der in einer Stadt südöstlich von Jena abgeschlossen worden war. Hier hatte der Bauherr vom Verkäufer Erschließungskosten falsch oder zumindest unvollständig ausgewiesen bekommen.

Vertraglich war in dem Fall vereinbart worden, dass der Bauherr für die Erschließung des 500 Qm großen Baugrundstücks mit Kosten von höchstens 4,50 Euro je Quadratmeter zu rechnen habe. Am Ende hatten die Gesamterschließungskosten des Grundstücks jedoch insgesamt fast 29.500 Euro mehr betragen, als dieser nach dem Vertrag maximal hätte bezahlen sollen. Damit hatten die Erschließungskosten am Ende fast das 15-Fache der vereinbarten 4,50 Euro gekostet.

Von Bedeutung war hier u. a. die Frage, was von dem Begriff "erschlossen" zu halten ist und als Ergebnis kann man sagen: Wenn der Verkäufer zugesichert hat, dass ein Grundstück "erschlossen" ist, dann hat der Käufer bzw. Bauherr einen Anspruch auf Ausgleich gegenüber dem Verkäufer. Allerdings: Die Kommune bleibt außen vor, selbst wenn es zu einem Rechtsstreit zwischen Käufer und Verkäufer kommen sollte oder - im schlimmsten Fall - zu einer Insolvenz des Bauträgers bzw. Verkäufers. Da solche Auseinandersetzungen Privatrecht betreffen, muss der Grundstückskäufer nach öffentlichem Recht die Erschließungskosten erst einmal an die Kommune zahlen und dann nachträglich versuchen, sich vom Bauträger oder Verkäufer seinen Schaden ausgleichen lassen.

Leider ist das im heutigen Rechtssystem so, dass hier alle Risiken der Käufer trägt und sich die Kommune, unabhängig von Regelungen in Kaufverträgen, immer an die Person halten kann (die Stadt sagt: "muss"), die im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Es interessiert die Kommune daher überhaupt nicht, ob jemand ein Grundstück "erschlossen" gekauft hat, was zwischen Käufer und Verkäufer einst vereinbart worden ist oder ob der Käufer vielleicht von Verkäufer getäuscht worden war. Dies alles sind rein privatrechtliche Dinge bzw. Vereinbarungen, die eine Kommune nicht zu interessieren haben, wenn es darum geht, Erschließungsbeiträge zu erheben. Dies bestätigt auch die in Jena ansässige Juristin und Fachanwältin für Erschließungsrecht Sabine Kraft-Zörcher.

Wie ich erfahren konnte, gab es in der Vergangenheit auch in Jena mehrere Fälle, in denen Käufer die Kosten der Erschließung bereits an irgendjemand anderen gezahlt hatten und später von der Kommune nochmals zur Kasse gebeten wurden. Daher ist es - siehe oben - ebenso wichtig, dass man dem Baulandverkäufer vertrauen kann, dass dieser Seriosität ausstrahlt und von sich aus Sicherheiten bzw. Bürgschaften anbietet für das was er verspricht.

So hat auch der Immobilienverband Deutschland / IVD aus Frankfurt am Main bereits vor einiger Zeit eine Checkliste "Zehn Merkmale seriöser Makler" herausgegeben. Hierin heißt es u. a.: "Jeder professionell arbeitende Makler wird Referenzen seiner bisherigen Tätigkeit vorweisen können - also auf erfolgreich vermittelte Objekte und zufriedene Kunden verweisen können. Um herauszufinden, wie die bisherigen Kunden des Maklers dessen Leistungen beurteilen, kann sich der neue Kunde deren Adressen geben lassen und sich bei diesen erkundigen. (...) Der Makler sollte eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Auch qualifizierte Makler sind nicht vor Fehlern gefeit."

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Nachtrag: Im Zusammenhang mit meiner kleinen Serie über "Günstiges Wohnbauland in Isserstedt" bin ich auf den langjährigen Vorsitzenden Richter beim Bundesverwaltungsgericht und absoluten Experten für das Erschließungsrecht, Prof. Dr. Hans-Joachim Driehaus, gestoßen, der zudem eine enge Verbindung zur Lichtstadt Jena hat. Von ihm kann man hier in den "Lichtstadt.News" in Kürze Ausschnitte aus einem Interview hören, das er mit RADIO JENA geführt hat.

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