Mittwoch, 31. Juli 2013

"NSU" - Der Prozess # 30: Verhandlungstag Nr. 29 - Zschäpe wurde von ihren Nachbarn für eine Prostituierte gehalten


(schwarz und szabo) - Wie öffentlich war das Leben von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe in der Zwickauer "Frühlingsstraße"? Unter anderem darum ging es am 29. Verhandlungstag vor dem Münchner Oberlandesgericht, als drei weitere Zeugen aus dem Umfeld der "Frühlingsstraße" gehört wurden.

So schilderte u. a. Janice M., eine junge Frau aus der Nachbarschaft, vor dem OLG, wie sie kurz nach der Explosion der Wohnung die Hauptangeklagte Beate Zschäpe mit zwei Katzenkörben in der Hand weglaufen sah. Zschäpe habe einen roten Mantel angehabt und sei in schnellem Laufschritt weggegangen. "In jeder Hand hatte sie eine Katzenbox, mehr habe ich nicht gesehen", berichtete die 18-Jährige, die direkt gegenüber der Hausummer 26 wohnte und sich von Zschäpe abwenden musste, um die Feuerwehr zu alarmieren.

Zeugin Janice M. kommt in dem Verfahren gegen Zschäpe große Bedeutung zu, da ihre inzwischen 91 Jahre alte Urgroßtante in der "Frühlingsstraße 26" direkt neben der "NSU"-Wohnung zu Hause war. In diesem Fall wird Beate Zschäpe Mordversuch vorgeworfen; da das Opfer zu alt ist um nach München zu fahren, zudem immer noch durch die Ereignisse des 04.11.2011 traumatisiert, wie Janice M. vor Gericht aussagte, befragte der Vorsitzende Richter Martin Götzl vor allem die 18-Jährige zur Wohnsituation der alten Dame udn natürlich die Explosion des Hauses.

Janice M. sagte unter anderem: "Ich hörte einen Knall, es hörte sich an, als seien zwei Autos ineinander gefahren. Ich lief ans Fenster und sah, dass das Haus brennt. Im gleichen Moment sah ich die Angeklagte." Ihre betagte Urgroßtante habe zunächst nicht auf die Explosion reagiert, berichtete sie, und wäre schließlich von einer Nichte aus dem Haus geführt worden.

Danach trat Nachbarin Monika M., eine Verwandte von Janice M., in den Zeugenstand. "Was hatten Sie denn allgemein für einen Eindruck, von den Bewohnern der Wohnung gegenüber", wollte Götzl unter anderem von ihr wissen. Monika M. sagte aus, man habe Zschäpe wegen einer blinkenden roten Leuchte im Fenster für eine Prostituierte gehalten: "Wir dachten, das heißt, dass einer fertig ist und der nächste kommen kann", sagte sie. Man hätte sich in der Nachbarschaft Gedanken gemacht, von was "die da drüben" so leben würden "und wenn man dann dieses rote Licht da sieht, da dachten wir halt, die empfängt Männer", sagte sie aus. Beate Zschäpe lachte in diesem Moment im Gerichtssaal laut auf.

In das Bild hätten auch die beiden Männer gepasst, sagte Monika M. zu Richter Götzl. Die Angeklagte habe den Nachbarn erzählt. es handele sich um ihren Freund und dessen Bruder, sagte Frau M. aus und man habe das "mehr oder weniger geglaubt", weil Prostituierte ja auch Männer hätten, die sich um diese kümmern würden. "Aber so genau wollten wir das auch gar nicht wissen", fügte sie an.

Jeden Tag ging Monika M. an der "NSU"-Wohnung vorbei und besuchte ihre Tante, die Wand an Wand mit dem Terrortrio wohnte. Oft begegnete sie dabei Zschäpe, auch beim Einkaufen, und sah sich die vermeintliche Prostituierte an. "Die war immer sehr nett", sagt Monika M. vor Gericht. "Sehr freundlich, eine nette Person." Immer wieder habe sich Zschäpe auch nach der Tante erkundigt, sagte M., das habe natürlich ihre Neugier geweckt, wer da neben der Tante wohnte. So sei es zu der Aussage gekommen, dass der eine der beiden Männer der Bruder Zschäpes sei und der andere ihr Freund.

Es waren überwiegend oberflächliche Gespräche, die beide Frauen miteinander führten, so zum Beispiel einmal, als das Trio aus einem sechswöchigen Urlaub auf Fehmarn zurückgekehrt war. "Gibt der Chef so lange frei?", habe Monika M. gefragt und bekam von Zschäpe zur Antwort, die Männer hätten Überstunden gesammelt und könnten auch von auswärts arbeiten, "weil sie viel am Computer zu tun hätten".

Gewundert habe man sich in der Nachbarschaft alleine über das künstliche Efeu in deren Blumenkästen. "In der Siedlung haben wir alles schön geschmückt, mit Geranien und anderen echten Pflanzen. Das hat uns schon gewundert, dass man dort künstliches Efeu hatte", sagt Monika M. vor Gericht. Einmal habe sie Zschäpe mit anderen einer Frau in dem griechischen Restaurant getroffen, das sich im Wohnhaus des Trios genau unter der "NSU"-Wohnung befand, berichtete sie weiter. Zschäpe habe ihr ihre Begleitung als "das ist meine Schwester" vorgestellt.

Monika M. hatte auch die Angewohgnheit, abends noch einmal lange aus dem Fenster zu sehen, was sich in der Straße so tut. Und so sah sie mehrfach "die beiden Männer" Mundlos und Böhnhardt "mit anderen Freunden auf dem Fensterbrett sitzen", wie sie zu Richter Götzl sagte. Es sei dabei viel gelacht worden, erzählte sie und fügte an: "Die hatten immer Spaß." Oft habe sie die Tante gefragt: "Hörst du den Krach nicht?" Doch die damals 89-Jährige konnte nur schlecht gehen und noch schlechter hören. "Ich hör' nichts", habe diese Monika M. geantwortet, und M. sagte, dass auch Zschäpe das gewusst habe. "Auch, dass die betagte Dame nicht gut gehen kann", fragte sie Richter Götzl, was Monika M. bestätigte.

Was Götzl mit dieser Frage beabsichtigte ist klar. Wenn Zschäpe die Wohnung in der "Frühlingsstraße 26" in Zwickau mit zehn Litern Benzin in Brand gesetzt hatte und dabei wusste, dass sich die alte Frau in ihrer Wohnung nebenan nur mit Hilfe eines Rollators und außer Haus nur mit Hilfe ihrer Nichten in einem Rollstuhl fortbewegen konnte, dann hat sie diese Frau in akute Lebensgefahr gebracht, was - falls das Gericht zu der Erkenntnis gelagen sollte, dass die Wohnung zur Vernichtung von Beweisen angezündet worden war - versuchter Mord an der damals 89-jährigen Dame sein könnte.

"Wie geht es Ihrer Tante heute", fragte Götzl nach und tat auch dies nicht ohne Hintergrund. Die Tante habe sich von dem folgenreichen Ereignis nicht mehr erholt, sagten übereinstimmend alle Zeugen der Famile M., was erschwerend hinzu kam, sagte Monika M. dem Vorsitzenden Richter: das zerstörte Haus ist abgerissen, die heute 91-Jährige habe sich in ihrem neuen Zuhause, einem Pflegeheim, nicht mehr einleben können, denn "sie hing eben unglaublich an ihrer alten Wohnung". Außerdem habe man die alte Dame in den ersten Monaten nach dem Brand nicht mehr durch die Frühlingsstraße schieben dürfen, da diese immer hätte weinen müssen, wenn sie das zerstörte Haus gesehen habe.

Am Mittwoch und Donnerstag wird der Prozess mit Tag 30 und 31 fortgesetzt, worüber wir am Samstag hier berichten werden.

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