Dienstag, 28. Mai 2013

"Ein neues Kind ... von innen und außen": In der Jenaer Uniklinik ist ein 3-jähriges Mädchen mit einer seltenen Fehlbildung erfolgreich operiert worden


(lsn / ukj) - Maria strahlt. Ihr braunes Haar ist mit Schleifen und geflochtenen Strähnen geschmückt. Sie packt ein Geschenk nach dem anderen aus und zeigt sie stolz Prof. Felicitas Eckoldt. Die Direktorin der Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Jena / UKJ freut sich mit dem Geburtstagskind – vor allem darüber, dass sich das jetzt vierjährige Mädchen so gut von der aufwändigen Operation erholt hat, die erst einige Wochen zurückliegt.

Vor vier Jahren sieht die Welt für Marias Eltern noch ganz anders aus. Kurz nach der Geburt erfährt der Vater, dass seine zweite Tochter schwer krank ist. Die Ärzte in Rumänien, wo die Familie herstammt, sagen ihm damals, dass die Kleine in den nächsten Tagen sterben müsse, wenn sie nicht operiert wird. „Das traf mich wie ein Blitz“, sagt der Vater, der selbst Arzt ist. Maria wird operiert, jedoch nur soweit, dass ihr Zustand nicht mehr lebensbedrohlich ist. „Als wir Maria mit drei Jahren zum ersten Mal sahen, hatte sie keine Harnröhre und große Schwierigkeiten beim Wasser lassen“, sagt Prof. Eckoldt.

Das Mädchen, das mit seiner Familie mittlerweile in einer kleinen Stadt in Thüringen wohnt, leidet an einer äußerst seltenen angeborenen Spaltbildung der Blase und des Beckens. Wie auch bei der häufiger auftretenden Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist hier die Entwicklung im Mutterleib an einer Stelle stehen geblieben, bevor wichtige Strukturen zusammengewachsen sind. Eine Fehlbildung wie bei Maria tritt bei etwa einem auf 20.000 bis 40.000 Neugeborenen auf. Da diese schwere Fehlbildung sehr selten ist, gehört die Behandlung in die Hände ausgesprochener Spezialisten, so Prof. Eckoldt. „Unsere Patienten kommen zum Teil von weit her angereist.“ „Im Vorfeld der Operation musste große Planungsarbeit geleistet werden“, sagt Prof. Gunther Hofmann, Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am UKJ, der zusammen mit seinem Oberarzt Ivan Marintschev die Kinderchirurgen bei dieser Operation unterstützt.

Während des Eingriffs operiert Prof. Eckoldt zunächst die Blase, pflanzt die Harnleiter neu ein, vereinigt den Blasenschließemuskel und rekonstruiert die Harnröhre. Danach schließt Prof. Hofmann den Beckenring durch ein Implantat. Ein Muskel vom Oberschenkel des Mädchens wird zum Schluss auf die Bauchdecke transplantiert, um die Lücke zu verschließen. Alle Schritte greifen ineinander und erfolgen während einer Narkose.

„Die besondere Herausforderung für uns bestand darin, die uns geläufigen Versorgungsstrategien für Verletzungen des knöchernen Beckens und Fehlbildungen des Beckens bei Erwachsenen auf ein Kleinkind zu übertragen“, so Prof. Hofmann. Die Implantate mussten so eingesetzt werden, dass sie die weitere Entwicklung des Mädchens nicht behindern. „Wir mussten also jene Zonen meiden, von denen wir wissen, dass sie noch wachsen.“ Für Marias Eltern ist mit der gelungenen Operation eine lange Zeit der Sorgen vorbei. „Uns war von Anfang an klar, dass es keine Krankheit ist, die von selbst heilt“, sagt Marias Vater. Ihre Tochter schließlich den Chirurgen anzuvertrauen, sei ihm und seiner Frau nicht leicht gefallen. Das hat wohl auch die kleine Maria gespürt – zwei Mal musste die Operation verschoben werden, weil das Mädchen kurz vorher Fieber bekam.

Heute sind die Eltern „sehr, sehr dankbar“, dass die Ärzte am UKJ diesen schwierigen Eingriff Ende Januar perfekt gemeistert haben und es ihrer Tochter so gut geht. „Wir haben nun ein ganz neues Kind – von innen und außen“, sagt ihr Vater. Maria ist an ihrem vierten Geburtstag im Frühjahr 2013 nur ganz kurz auf der kinderchirurgischen Station zu Gast. Mit dem Ergebnis der Nachuntersuchung ist Prof. Eckoldt sehr zufrieden. Maria lerne zunehmend gut, die Urinentleerung über die rekonstruierte Harnröhre zu kontrollieren. „Blase, Harnleiter und Nieren funktionieren sehr gut.“ Das Becken des Mädchens werde problemlos weiter wachsen.

„Natürlich werden wir Maria auf ihrem Weg in ein unbeeinträchtigtes Erwachsenenleben in unserer Sprechstunde weiter begleiten“, sagte jetzt Prof. Eckoldt. „Wir werden sie aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nie mehr operieren müssen.“

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