Donnerstag, 28. Februar 2013

"Ich will nicht ein Stück Musik machen, so wie man ein Lied schreibt. Bei mir dauert das." - Ein Gespräch mit Rainer Sauer (Teil 4/4)


(lsn) - [ Fortsetzung von Teil 3 ] Elektromusik ist nicht gleich Elektromusik und einen Synthesizer zum Klingen zu bringen reicht heute nicht mehr aus, um Fans der Elektromusik zum Kauf von Tonträgern oder zum Download von Alben zu bewegen. Barbara Nowak sprach mit Rainer Sauer über seine Musik, seine Kontakte, seine Pläne und Wünsche für 2013.


BN: Wie und an was entscheiden Sie, welche Geräte Sie für Ihre Musik einsetzen?

RS: Im Grunde entscheidet sich die Verwendung einzelner Instrumente und Klangerzeuger an der Notwendigkeit des Anlasses. Es kann auch schon mal sein, dass ich ganz alte Geräte wieder reaktiviere um einfach nur einmal zu zeigen, dass es auch vor vierzig Jahren schon tolle Elektromusikinstrumente gab.


BN: Auf dem neuen Album "Moods" gibt es einen Titel, da haben Sie einen Kunstkopf eingesetzt um ein räumliches Klangerlebnis zu erzeugen. Wie geht das und, vor allem: Was bringt das dem Zuhörer?

RS: Die Kunstkopf-Aufnahmetechnik kam Anfang der 1970er-Jahre in Mode. Ich glaube das erste Kunstkopf-Hörspiel hieß "Demolition" nach einem Roman von Alfred Bester und ich habe das damals mit Begeisterung im Radio gehört. Musikgruppen wie Can haben in den 70er-Jahren Schallplatten in Kunstkopftechnik aufgenommen oder Musiker wie Kevin Godley und Lol Creme. Der Kunstkopf erzeugt ein natürliches Hörerlebnis, also nicht nur Links und Rechts kann man unterscheiden sondern auch Vorne und Hinten sowie Oben und Unten. Eben wie es ein Mensch mit seinen Ohren im Alltag auch erleben würde. Für den Titel "Wide Angel And Zoom", dessen einzelne Elemente auch Bestandteile des "ODYSSEE"-Projektes sind, habe ich acht omnidirektionale Raumklang-Lautsprecherboxen rund um einen Kunstkopf montiert und die einzelnen Geräusche so eingespielt, wie man sie auch in etwa räumlich hören würde, wenn man zu einer "ODYSSEE"-Klanginstallation gehen würde.

BN: Sind das Spezialanfertigungen?

RS: Den Kunstkopf habe ich mir in Großbritannien bauen lassen und die Boxen habe ich über Jahre hinweg nach und nach erworben auf Flohmärkten, von HiFi-Studios oder über eBay.

BN: Wenn Sie einmal in die Glaskugel schauen, was wollen Sie dann in Zukunft noch musikalisch machen? Was sind die langfristigen Ziele?

RS: Ich bin jetzt Mitte 50, habe also in etwa noch zwei, drei Jahrzehnte vor mir - jedenfalls soweit man das als Mensch beeinflussen kann. Langfristige Ziele gibt es keine oder, um es mit Franz Beckenbauer zu sagen, "Schaun wir mal, was kommt". Das ist doch spannend, wenn man die Dinge auf sich zukommen lässt, anstatt sie fieberhaft zu siúchen. Mittelfristig gibt es die "S"-Trilogie und "Stardust", außerdem auf meinem "Werksverkaufs"-Portal "BandCamp"...

BN: ...Was ist denn das?

RS: "BandCamp" ist ein recht bekanntes Musikportal, das sich das Ziel gesetzt hat, Musikern einen möglichst einfachen Weg zur Verfügung zu stellen, wie sie Musik an ihre Fans bringen können. Ich nutze es für Musik, die ich außerhalb meiner regulären Musikverträge veröffentlichen möchte. So etwa alte Alben und Produktionen aus den 70ger-, 80er- und 90er-Jahren. Demnächst erscheint dort zum Beispiel mit "FM Box" ein Best-Of-Album meiner früheren Band ORGANISATION ZWEI mit Musiktiteln aus den Jahren 1988, sozusagen zum Silbernen Jubiläum nach 25 Jahren (siehe oben das Video zu "Machines" von OZ). Monatlich gibt es dort Musik aus meinem reichhaltigen Fundus von fertigen Produktionen, RoughMixes oder unveröffentlichten Sachen. Ich habe ja über die Jahre doch einige Solo-Alben und Filmmusiken gemacht oder Konzerte gespielt, zu denen es immer wieder Nachfragen von Fans gibt und die kann man so nach und nach bei "BandCamp" im Rahmen meines "Werksverkaufs" direkt erwerben.

BN: Sind das unveränderte, sozusagen historische, Aufnahmnen oder haben Sie da später etwas neu dazu aufgenommen bzw. Dinge verändert?

RS: Ich habe mich schon vor Jahren die Internetadresse www.originalaufnahmen.de gesichert und genau darum geht es. Alle auf "BandCamp" eingestellten Aufnahmen sind die Originalaufnahmen, angefangen im Jahre 1974 bis heute. Sie wurden lediglich, soweit es sich um Bandaufnahmen handelt, später noch einmal digital gemastert und aufgehübscht, was Rauschen und Bandfehler angeht, aber im Grunde sind es 1:1 die Aufnahmen, wie ich sie irgendwann einmal hergestellt habe. Ich darf hier auch stolz sagen, dass ich noch niemals Neuaufnahmen gemacht habe oder aus vertraglichen Gründen solche Aufnahmen machen musste. Bei mir ist alles original. Inklusive der Fehler.

[Interview © 2012-2013 für www.a-u-t-o-b-a-h-n.de]

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…
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