Montag, 20. August 2012

"INSIDE NSU - Details aus der Anklage!" - Was die Bundesanwaltschaft Zschäpe, Wohlleben und Em*ng*r vorwirft! - Teil 6b


(ZONO Radio Jena)                                "INSIDE NSU" - Teil 1 findet man HIER!

"INSIDE NSU" - Teil 6b
September bis November 2011: Das Ende des "NSU"
(zusammengestellt von Tim Schwarz)

Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos / BM bereiten August/September 2011 mindestens zwei weitere Überfälle auf Sparkassen vor; ihr letzter Beutezug liegt mehr als viereinhalb Jahre zurück. Durch die recht genauen Fotos aus Überwachungskameras verunsichtert, die zuletzt von "Kripo Live" im MDR-Fernsehen gezeigt wurden, wollen sie ihr Äußeres nun durch Masken und Kapuzenjacken tarnen. Ob weiter Wohnmobilen als Tatfahrzeug Verwendung finden sollen steht aber nicht zur Debatte. Nach der Fast-Festnahme im April 2007 in Heilbronn, als sie in einer Ringfahndung von der Polizei kontrolliert worden waren, scheint ein Wohnmobil nach wie vor die ideale Tarnung zu sein.

Am 21. 08.2011, einem Sonntag, mietet Uwe Böhnhardt bei einer Autovermietung im sächsischen Zwickau mit den von Holger Gerlach übergebenen Papieren einen VW Transporter T5 Caravelle an. Gemeinsam mit Uwe Mundlos tauchen die beiden einen Tag später auf dem Campingplatz "Paulfeld" in Leinatal-Catterfeld in Thüringen auf. Vier Tage bleiben Böhnhardt und Mundlos mit ihrem Zelt auf der Campinganlage. Nach Ansicht des BKA nutzen beide die vier Tage in Thüringen intensiv dazu, pozentielle Ziele ausspähen: Banken und Sparkassen.

Für ihre Überfälle steigen sie jedoch wieder auf Wohnmobile um. Am 05.09.2011 holt Böhnhardt alias "Holger Gelach" ein Wohnmobil in Niederschindmaas ab, das er bereits am 26.08.2011 - am Tag der Rückkehr aus Thüringen - reserviert hatte: einen "Bürstner Modell Ixeo Time 670" für drei Personen. Als "Holger Gerlach" das Wohnmobil nach vier Tagen wieder abgibt, hat es 567 Kilometer zurückgelegt. Für die Autovermietung ist das allen völlig unverdächtig, denn als erfahrene Camper wissen BM, wie es im Innern eines Wohnmobils auszusehen hat, damit man bei einer möglichen Kontrolle keinen Verdacht auslöst. Weder durch den Vermieter noch durch die Poliez, denn beide wollen nach ihren Überfällen nun nicht mehr sofort flüchten: während vor Ort vielleicht eine neue Ringfahndung läuft, kann man im Innern eines Wohnmobils in Ruhe abwarten, bis die Fahndung wieder aufgehoben wird. So denken sie zumindet.

Im Grunde ist dieser Plan nicht schlecht, wird jedoch im Herbst 2011 durch einen aufmerksamen Polizisten zunichte gemacht und führt im Endeffekt zum Tode von B und M und zur Enttarnung des "NSU". Der als Chef der Polizeiinspektion Gotha für ganz Westthüringen zuständige Michael Menzel (Foto rechts), der sich 1992 u. a. einen Namen dadurch gemacht hatte, als er acht millionenschwere Cranach-Bilder, die in Weimar gestohlen worden waren, wiederfand und die Täter hinter Gitter brachte, ein Mann, der 1998 drei Serienbankräuber auf frischer Tat stellen konnte, ist ein intelligenter Polizist, der sich abseits seiner aktuellen Arbeit auch Gedanken über andere Dinge macht.

Und so hatte sich Menzel schon zu Zeiten der Überfallserie in Sachsen hin und wieder überlegt, wie vorzugehen sei, wenn diese Überfalle von den gleichen Tätern auch in Thüringen durchgeführt werden sollten. Überfälle, die von zwei Tätern begangen werden - einer etwas größer als der andere, noch dazu ein Linkshänder - und beide flüchten auf Fahrrädern. Der Chef der Polizeidirektion wartete bis zum 07.09.2011.

An diesem Mittwoch überfallen BM in der Goethestraße im thüringischen Arnstadt um 8 Uhr 45 eine Sparkassenfilliale, erbeuten dabei 15.000 Euro, fliehen auf Fahrrädern. Michael Menzel sieht auf den Fotos der Überwachungskamara (Foto links):: einer der Täter ist größer als der andere und er ist Linkshänder. Die Polizei gab eine Personenbeschreibung heraus: der eine Räuber trug ein beigefarbenes Kapuzen-Shirt und eine dunkle Hose, der andere ein blaues Kapuzen-Shirt und eine dunkle Hose.

Wieder verliert der Spürhund nach intensiver Verfolgung nach zwei Kilometern plötzlich die Fährte, aber der Polizeihubschrauber hatte keine Anzeichen für ein auffällig fliehendes Fahrzeug finden können. Menzel schlussfolgert: beide müssen in ein großes Fahrzeug eingestiegen sein und haben sich in ihm verborgen gehalten, bis die Fahndung aufgehoben worden ist, sich danach erst aus Arnstadt entfernt. Nach einer Abfrage in Sachsen ist sich der erfahrene Polizist sicher: es sind die Täter aus Sachsen und diese schlagen oft in kurzem Abstand hintereinander in der gleichen Region erneut zu.

Nach ihrem Überfall in Arnstadt haben BM ganz offenbar noch nicht genug Geld erbeutet. Zwei Pläne findet die Poliezi später bei ihnen: einer von der Kreissparkasse in der Gothaer Humboldtstraße und einen von der Wartburgsparkasse am Nordplatz 13 in Eisenach. Und am Freitag, den 04.11.2011 geschieht es tatsächlich. In Eisenach wird an diesem schönen, sonnigen Herbsttag die Sparkassen-Filliale am Nordplatz überfallen. Zwei Täter, die auf Fahrrädern flüchten, erbeuten dabei rund 70.000 Euro. Fotos der Überwachungskamera in Eisenach (siehe rechts mittig und rechts weiter unten) gibt es noch keine, aber die Polizeibeamten sind instruiert worden und fragen Kunden und Angestellte nach einem Linkshänder unter den Tätern. Die Antworten widersprechen sich, aber die Kleidung stimmt exakt mit der aus dem Arnstädter Fall überein.

Nun glaubt Menzel, dass man auf Seiten der Polizei eine wirkliche Chance hat, die lange gesuchten Täter ausfindig zu machen. Er lässt in der Wartburgstadt eine Ringfahndung auslösen, schickt alle verfügbaren Kräfte nach Eisenach. Insgesamt 13 Funkstreifenwagen sind nun unterwegs, um direkt nach einem Transporter oder Wohnmobil zu suchen. Michael Menzel hofft darauf, dass die Täter eine Ringfahndung erwartet haben und sich verstecken werden. Damit hat er die nötige Zeit gewonnen um das Netz um Böhnhardt / B und Mundlos / M zu spinnen und sein Plan geht auf.

Genau eine Woche nach dem Überfall in Arnstadt bestellt "Holger Gerlach" persönlich ein Wohnmobil bei einer Firma in Schreiersgrün im Vogtlandkreis. Mit 316 Euro geht B in Vorkasse. Die Angestellte der Caravan-Firma erinnert sich später auch an eine Frau, die B begleitet hat, und die Büroangestellte später als Beate Zschäpe identifizieren wird. Am 15.10.2011 meldet sich "Holger Gerlach" telefonisch bei der Autovermietung und sagt den für den Folgetag verabredeten Termin für die Übernahme des Wohnmobils ab, da er über das Wochenende arbeiten müsse, wie er erklärt.

Am 25.10.2011, betritt "Holger Gerlach" gegen Mittag erneut das Büro der Caravan-Firma in Schreiersgrün, wieder mit Beate Zschäpe, doch diese hat am 25.10.2011 ein Kind mit dabei. Bis heute ist die Identität des kleinen Mädchens nicht geklärt. Z und das Kind fahren wieder weg, während Böhnhardt nun auch die Kaution für das bestellte Wohmobil "Sunlight Alkoven A 68" zahlt. Als Rückgabetag wird der 04.11.2011 vereinbart, dann fährt er vom Hof.

BM gehen vor dem nächsten Sparkassenraub mit ihrem neuen Gefährt noch im "Kaufland" in Zwickau einkaufen, wie später ein Kassenbon belegen wird- Am 01.11.2011 geben sie um 12 Uhr 46 insgesamt 9 Euro 75 für Brötchen und Vollkornbrot, Obst und Gemüse sowie Batterien aus. Am 02.11.2011 sind beide dann in Gotha und bezahlen im dortigen "Kaufland" 18 Euro 46 für Cappuccino, Brötchen und einen NOWI-Rucksack. Dieser Rucksack wird zwei Tage später beim Überfall in Eisenachl benutzt.

Während BM im Eisenacher Stadteil Stregda gegen 11 Uhr in einer kleinen Seitenstraße darauf warten, dass die Ringfahndung aufgelöst wird, befragt eine Funkstreife zur gleichen Zeit einen älteren Mann, der bei "Lidl" am Stadtweg in Stregda einkaufen war. Ja, sagt er den Beamten, er habe gleich nebenan, auf dem Schotterplatz vor der Diskothek "MAD" zwei Männer dabei beobachtet, wie sie ihre Fahrräder in ein weißes Wohnmobil verladen haben. Vor einer guten Stunde sei das gewesen, sagt er. Sie seinen zügig weggefahren, aber er habe sich das Kennzeichen gemerkt, weil unter der Woche selten große Fahrzeuge vor der Diskothek stehen würden. Leider habe er jetzt aber nur noch den ersten Buchstaben des Kennzeichens im Kopf: ein "V". Menzel erhält sofort die Nachricht aus Eisenach und weiß: "V" steht für den Vogtlandkreis in Sachsen, die Uhrzeit kommt hin, zwei Männer waren es, mit Mountainbikes.

Währenddem man sie nun gezielt sucht, wähnen sich BM in relativer Sicherheit. Bereits zwei Mal waren sie in die Siedlung am Nordrand von Eisenach gefahren und hatten das Fahrzeug in der Straße "Am Schafrain" geparkt. Da es eher ungewöhnlich für diese Gegend ist, dass ein Wohnmobil in den Straßen steht, soll diese Taktik verhindern, dass man Verdacht schöpft. Nun steht das weiße Wohnmobil bereits zum dritten Mal hier und kann wohl kaum mit einem Raubüberfall auf eine Sparkasse und flüchtigen Tätern in Verbindung gebracht werden.

Ermittler und Bundesanwaltschaft gehen davon aus, dass M zu dieser Zeit den Polizeifunk abhört. B aber scheint währenddessen bei seiner Freundin Beate Zschäpe / Z angerufen zu haben, irgendwann zwischen 10 Uhr 30 und 12 Uhr an diesem 04.11.2011. Er spricht auf ihre Mailbox; der Anruf ist nicht mehr vorhanden, aber er lässt sich nachvollziehen: "Das Geld ist da!". Was heißen soll: "Alles hat geklappt, mach Dir keine Sorgen, ich melde mich wieder, wenn wir aus Eisenach weg sind".

Seit 10 Uhr 30 sitzt Z an diesem Tag an ihrem ASUS Notebook in der Zwickauer Frühlingsstraße und suft im Internet. Z hört ganz offensichtlich intensiv Radio und schaut gleichzeitig im Internet nach einigen Dingen, die sie im Radio hört. Kurz besucht sie "Bild.Online" (= 10 Uhr 34), danach die "Sachsen Nachrichten" (= 10 Uhr 40), googelt nach "PromiNews" (= 11 Uhr 11) und sucht dann bei Google nach einem "Autounfall Sachsen am 31.10." (= 11 Uhr 39). In den Radio-Nachrichten um halb Zwölf hatte es Informationen zum Tod einer 24-Jährigen Radfahrerin gegeben, die am 31.10.2011 aus ungeklärten Gründen mit ihrem Fahrrad auf der BAB 4 entgegengesetzt zur Fahrtrichtung gefahren war und frontal von einem in Richtung Dresden fahrenden Audi erfasst und getötet wurde. Z sucht um 12 Uhr 10 nochmals bei Google nach einem "Autounfall 01.11." ... doch genau in dem Moment, als sie dies macht, sterben in Eisenach ihre Freunde.

Um 11 Uhr 30 wird in Eisenach die Ringfahndung aufgehoben; BM bereiten sich darauf vor, die Wartburg-Stadt bald mitsamt ihrer Beute zu verlassen. Gegen 12 Uhr bemerken sie, wie ein Streifenwagen an der Straße "Am Schafrain" vorbeifährt. Die Beamten sehen ein weißes Wohnmobil in der Straße stehen. Der Streifenwagen setzt kurz zurück: die Polizeibeamten, wollen das Kennzeichen erkennen und lesen "V - MK 1121". Über Funk geben sie das Kennzeichen durch; BM hören mit und greifen nach ihren Waffen, eine Maschinenpistole vom Typ Pieter 91, eine Pumpgun Winchester 1300, eine weitere Pumpgun Mosberg Maverick, ein Revolver Alfa ProJ. Drei weitere Waffen haben sie dabei, wollen sie aber nicht nutzen, da sie Trophäen sind: eine Ceska 83 mit Schalldämpfer und zwei Heckler Koch P 2000 Polizeipistolen. Es ist 12 Uhr und 04 Minuten, als die Polizisten ihren Streifenwagen verlassen und das verdächtige Wohnmobil kontrollieren wollen. Weitere Streifenwagen sind zur Verstärkung unterwegs.

Als sich die Streifenpolizisten um 12 Uhr 05 dem Wohnmobil nähern, läd M im Innern des Fahrzeugs seine Winchester 1300 Defender durch, B entsichert seine Maschinenpistole und geht an das Rückfenster, zielt auf die Beamten. Als die beiden Polizisten nur noch wenige Meter vom Wohnmobil entfernt sind, drückt B den Abzug der Pieter-MP durch, doch es löst sich nur ein einziger Schuß, der neben den Polizsiten einschlägt. Diese gehen sofort in Deckung.

In den folgenden zwanzig Sekunden trifft M für sich und B eine Entscheidung. B hatte ihm zugerufen, dass die Maschinenpistole Ladehemmung habe. M weiß, dass die Polizeiverstärkung unterwegs ist und ahnt, dass in Kürze wahrscheinlich alles aus sein wird mit ihm, mit B und Z, mit dem "NSU". Uwe Mundlos nimmt deshalb seine "Winchester" Pumpgun, geht zu B ... und schießt ihm in die linke Schläfe. Uwe Böhnhardts Schädel wird zerrissen: er ist sofort tot. Die Polizisten hören den Knall, bleiben aber in Deckung, bis Verstärkung kommt. Ein Anwohner kommt aus seinem Haus, will nachsehen, was los ist. Die Beamten rufen ihm zu, er solle verschwinden - der Mann rennt wieder in sein Haus zurück.

Uwe Mundlos geht jetzt direkt zum Herd des Wohnmobils und öffnet die Gasanschlüsse, nimmt Papiere vom Tisch, zündet diese an und und wirft das brennende Papier auf den Fußboden. Dann setzt er sich im hinteren Teil des Wohnmobils auf den Boden, steckt sich den Lauf seiner Pumpgun nach oben in den Mund und drückt ab. Auch der Schädel von Uwe Mundlos wird von der Wucht des Schusses zerstört.

Zwischen Schussgeräusch zwei und drei vergehen nur etwa 15 Sekunden, so berichten es übereinstimmend die Polizeibeamten und Anwohner als Zeugen. Profiler gehen aufgrund von dieser extrem kurzen Zeitspanne nicht davon aus, dass Böhnhardt von Mundlos versehentlich getroffen wurde, sondern von ihm gezielt erschossen worden ist. Bei einem versehentlichen Schuss stünde der Schütze derart unter Schock, meinen sie, dass 15 Sekunden ein zu kurzer Zeitraum sind, um derart strukturiert zu handeln.

Es ist 12 Uhr und 06 Minuten, als das Wohnmobil in Flammen aufgeht. Die Polizeibeamten rufen nach der Feuerwehr. Um 12 Uhr 09 kommt der nächste Streifenwagen "Am Schafrain" an, nur sieben Minuten später die Feuerwehr. Als diese das Wohnmobil löscht, steht es bereits in hellen Flammen, allerdings ist die Gasflasche nicht - wie von Uwe Mundlos beabsichtigt - explodiert. Zwischen Sitzecke und Küchenzeile finden die Polizeibeamten zwei Leichen und fast die komplette Beute zweier Raubüberfälle, an manchen Geldbündeln sind noch die Banderolen mit Stempel. Später finden die Ermittler die im Wohnmobil gehorteten Waffen, zwei Bahncards mit Fotos von Uwe Böhnhardt und Z (ausgestellt auf die Namen "Holger Gerlach" und "Susann Em*ng*r") sowie Skizzen und Karten von Thüringer Städten wie Eisenach, Altenburg, Weimar, Erfurt und Gotha, darunter die beiden Sparkassenfillialen in Gotha un Eisenach.

Das BKA geht heute davon aus, dass sich BM in beiden Geldinstituten aufgehalten haben müssen, denn auf den Plänen sind nicht nur die Sparkassenfillialen in ihren Grundrissen aufgezeichnet.. Die handschriftlichen Pläne sind detailliert - bis hin zur Öffnungsrichtung der Türen. Vermerkt sind mit blauem Kugelschreiber die Anzahl der Räume, die Öffnungszeiten und die Adresse der Polizeidirektion, der Standort des Geldautomaten sowie Hinweise auf den Standort eines vermeintlichen Tresors "vermutlich Tresor (200 € Schein geholt)" im Fall der Sparkasse Eisenach.

Zur gleichen Zeit in Zwickau

Schon von Anfang an sind Ermittler der "Besonderen Aufbauorganisation Trio" / "BAT" davon ausgegangen, dass es kein Zufall ist, dass Z die "NSU"-Wohnung in Zwickau angezündet hat und es ebenso keiner ist, dass Z dies acht Minuten nach 15 Uhr tat, denn die Brandstiftung an sich lässt keinesfalls auf eine absolute Ahnungslosigkeit von Z im Zusammenhang mit dem "NSU" schließen (wie es ihre Anwälte bisher andeuteten) und außerdem, so vermuten die Ermittler des BKA, muss um 15 Uhr in der Wohnung etwas vorgefallen sein, was letztlich der Aulöser für Zs Handlungsweise war. Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen das Puzzle wie folgt zusammengesetzt:

Beim ihrer letzten Google-Suche nach "Autounfall 31.10." waren Böhnhardt und Mundlos bereits tot gewesen, ohne dass Z dies wusste. Auch um 12 Uhr 11, als sie ihre Mailbox aufruft und wohl Bs Nachricht "Das Geld ist da" hört, handelt Z weder aufgeregt noch beunruhigt. Wahrscheinlich wartet sie auf den Folgeanruf ihrer Freunde, dass man erfolgreich flüchten konnte. Mit einem Wohnmobil braucht man von Eisenach nach Zwickau rund zwei Stunden. Z geht wohl zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass BM bald eintreffen müssen.

Die von der "BAT" ausgewerteten Internet-Protokolle von Zs Notebook zeigen, dass sie noch mehr als eine Stunde nach dem Tod ihrer Freunde ohne Panik weiter im Internet surft. Um 12 Uhr 11 ruft sie die Seite "Zwickauer News" auf, danach nochmals "Bild.de" (= 12 Uhr 15), über Google sucht sie nach "Bild 03.11." (= 12 Uhr 24), dann die Internetseite von "Sachsen Radio" (= 12 Uhr 43), schließlich die Seite von "Greenpeace" (=13 Uhr 07). Kurz danach geht sie auf die Peta-Website und informiert sich "gegen Pelze" (= 13 Uhr 13) und schließlich ruft sie um 13 Uhr 26 die Seite der "Biobauern Zwickau" auf. Wahrscheinlich versucht sie, sich durch ihre Internetsuchen abzulenken. Um 13 Uhr 30 ist Z jedoch ganz offensichtlich so beunruhigt, dass sie bei Google "natürliche Mittel gegen Übelkeit" sucht. Über den Grund kann man auf Seiten des BKA nur spekulieren: mehr als drei Stunden ist der letzte Anruf nun schon her und BM sind noch nicht zurück, melden sich nicht bei ihr.

Obwohl es im Radio zu diesem Zeitpunkt noch keine Nachrichten zu einem Fehlschlagen des Überfalls in Eisenach gibt, ist Z in höchstem Maße beunruhigt. Ihr ist schlecht, sie ahnt, dass dieses Mal etwas schief gelaufen sein könnte - Parole: "Sieg oder Tod". Über die Möglichkleit, entdeckt zu werden haben BMZ wohl oft gesprochen. Schon im Januar 1998 setzte B, als seine Garage durchsucht wurde, einen vorher abgesprochenen "Alarmplan" um: er rief Z an, die informierte M und dieser raste von Ilmenau nach Jena, sammelte seine Freunde auf und alle drei tauchten unter.

Zu Chemnitzer Zeiten war Max-Florian Bu. Zeuge, wie schnell das Trio reagierte, als Polizei vor dem Haus auftauchte: B und M bewaffneten sich, alle drei hielten sich die Möglichkeit offen, über das Hausdach zu fliehen. Und auch für den Fall eines Todes von B und M hatte das Trio, wohl schon lange vor dem November 2011, alle weiteren Schritte verabredet. Nun war also der "Tag X" gekommen und Z breitete sich ab 13 Uhr 30 auf das Unfassbare vor.

Zwischen 13 Uhr 30 und 15 Uhr nimmt sie die Umschläge mit den "Frühling"-DVDs aus dem Tresor und dazu noch etwas Bargeld. Beides legt sie in ihre Handtasche; eine Reisetasche packt sie nicht. Außerdem trägt sie ihre beiden Katzen Heidi und Lilly in deren Katzenkörbe und stellt alles in den Wohnungsflur bereit. Dann nimmt sie einen 5-Liter-Benzinkanister, der für den Fall der Fälle in der Wohnung bereitsteht, setzt sich vor das Radio und wartet mit dem Handy in der Hand.

Um 15 Uhr berichtet dann der, auch in Zwickau zu empfangende Radiosender "Antenne Thüringen" erstmals von einem Vorfall in Eisenach, bei dem zwei Tote in einem Wohnmobil gefunden wurden. Nun hat Zschäpe Gewissheit und muss schnell handeln.

Gegen 15 Uhr 08 gibt es in der Wohnung im ersten Stock der Frühlingsstraße 26 in Zwickau eine Verpuffung, nachdem Z in allen Zimmern Benzin verschüttet und die Wohnung anschließend in Brand gesetzt hatte. Bevor die Wohnung komplett in Flammen steht, rennt Beate Zschäpe schnell vom Treppenhaus in den Hof, dann auf die Straße, stellt die Katzenkörbe auf den Gehweg und bittet eine verdutzte Nachbarin, die vor einem Einfamilienhaus gegenüber steht, auf ihre Tiere aufzupassen, weil: "In der Wohnung raucht es", wie sie sagt. Unmittelbar danach explodiert die Wohnung.

Z trägt an jenem kühlen Novembertag eine schwarze Hose, eine schwarze Fleecejacke, darunter ein blaues Sweatshirt, und rotbraune Lederschuhe. Die Nachbarin nickt, Zschäpe stellt ihr die Katzenkörbe vor die Füße, holt ihr rotes Handy aus der Handtasche und läuft in Richtung Bahnhof. Wie die Funkzellenabfrage ergab, rief Z unmittelbar nach der Radiomeldung vom Tod der Bankräuber in Eisenach ab 15 Uhr 04, verschiedene Handynummern an.

Zuerst das Telefon ihrer Freundin Susann Em*ng*r, um 15 Uhr 05 dann die Handynummer von André Em*ng*r / AE. In beiden Fällen nahm niemand ihren Anruf entgegen. Anschließend zündet Z die Wohnung an und begeht dabei einen Fehler, dem die Ermittler es zu verdanken haben, dass sie später in Zwickau so viele Spuren zum "NSU" sichern können: Z hat die Fenster ungeöffnet gelassen, löst dadurch eine Verpuffung aus, die zwar die Mauern sprengt, das Feuer aber eher mindert, anstatt es zu vergößern.

Während Z in Richtung Bahnhof läuft, der rund vier Kilometer von der Frühlingsstraße entfernt ist, ruft sie von ihrem Handy aus noch drei Mal bei AE an. Als Feuerwehrwagen und Polizeiautos an ihr vorbei zum brennenden Siedlerheim in der Frühlingsstraße fahren, erreicht Z etwa auf Höhe des Zwickauer Hauptfriedhofs AE an dessen Handy, berichtet ihm was vorgefallen ist. Der fährt ihr sofort mit seinem Auto entgegen und holt Z ein, noch bevor diese den Hauptahnhof erreicht. Z steigt in AEs Auto und beide fahren davon.

Der Generalbundesanwalt belegt dies durch die Spur Zs, die Fährtenhunde in Richtung des Zwickauer Bahnhofs verfolgen können, bis diese nach etwa zwei Kilometern abbricht. Sie wissen deshalb, wo genau Z in das Auto von AE eingestiegen ist und können sämtliche Anrufe auf sein Handy durch die Funkzellenabfrage beweisen. Sowohl in AEs PKW als auch an den Schuhen von Z finden sie Spuren des Benzins, mit dem Z die Wohnung in Brand gesetzt hat.

Nachdem sie AE klar gemacht hat, dass B und M gestorben sind und die Wohnung brennt, während dem er mit ihr aus der Stadt hinaus fährt, sagt ihm Z, dass sie an Selbstmord denke, sich vor einen Zug werfen will. So berichtet es ein Poliziebeamter, dem sie dies während der Untersuchungshaft erzählt haben soll; auch er wird in den anhängigen Verfahren gegen Z und AE aussagen. Es kann sein, dass Z während der Autofahrt AE darum gebeten hat, die "Frühling"-DVDs zu versenden, da sie sich umbringen will; ebenso kann es sein, dass dieser die Bitte Zs abgelehnt hat. Ob es so war, weiß man nicht - beide Annahmen sind reine Spekulation. Allerdings trifft Z während der Autofahrt eine Entscheidung für ihr weiteres Leben.

Gegen 15 Zhr 45 wird die letzte Überlebende des Nazi-Trios aus Jena von AE zum Zwickauer Hauptbahnhof gefahren. Ganz offensichtlich glaubt Z, dass man sie verfolgt. Aber sie will sich nun nicht mehr umbringen, muss die DVDs versenden: das Vermächtnis des "NSU".

Die Überwachungskamera am Bahnhof zeigt, wie Z kurz nach 16 Uhr in einem Zug einsteigt und ihre mehrtägige Irrfahrt mit der Deutschen Bahn durch Deutschland beginnt, in deren Verlauf sie aus drei Städten, die genau auf ihrer Reiseroute liegen, die Bekenner-DVDs des "NSU" versenden wird. Auch nach Eisenach wird sie kommen, mit dem Taxi nach Stregda gefahren werden, durch die Straße "Am Schafrain" irren, bevor sie sich am 08.11.2011 der Polizeidirektion in ihrer Heimatstadt stellen wird (siehe Telefonprotokoll ganz unten).

Davor löst sich Z aber nach fast vierzehn Jahren vedeckten Lebens endgültig aus dem "Nationalsozialistischen Untergrund". Es geschieht in Halle, als sich Z einer älteren Frau, die sich ihrer angenommen hat, mit ihrem echten Namen offenbart. Nicht "Lisa" oder "Mandy", "Susann", "Liese", "Lisa" oder einen ihrer anderen Vornamen nennt sie der Dame: Z sagt ihr, dass sie "Beate" heißt. Schlecht habe sie ausgesehen, sagte die Dame laut dem Vernehmungsprotokoll, und "Beate" habe sich immer wieder umgeschaut.

Tatsächlich fürchtet Z nach ihrer Flucht aus Zwickau ihre Verfolger. Sie fürchtet sie sogar in Jena, als sie am 08.11.2011 in den Punkthäusern der Closewitzer Straße (Foto links) ihre Großmutter ein letztes Mal besuchen will und sich nicht traut, hineinzugehen, weil sie einen Zugriff der Polizei fürchtet. Einen Einsatz den es gar nicht gibt, weil die bundesweite Fahndung nach ihr "alias Susann Dienelt alias Mandy Struck" an diesem Vormittag noch gar nicht angelaufen war. Was Z zudem nicht ahnt: die Leichen ihrer beiden Freunde sind am  08.11.2011 ebenfalls in Jena, werden beim dortigen Institut für Rechtsmedizin untersucht.

Erst nach einem Gespräch mit dem Jenaer Rechtsanwalt Gerald Liebtrau stellt sich Z der Polizei, nicht ohne das zu befolgen, was Liebtrau ihr geraten hatte. Vor der Polizei könne sie Angaben zur Person machen, gibt er ihr mit auf den Weg, alle weiteren Angaben könnten jedoch gegen sie verwendet werden. Z schweigt seither zu allen Vorhaltungen.

Dass es den Ermittlungsbehörden so schnell nach dem Tod von B und M gelang,
die Terrorserie des "NSU" (und schließlich diesen selbst) aufzudecken, ist allerdings keineswegs unlogisch oder ein Wunder und hat mit konsequenter Polizeiarbeit zu tun.

Bei den toten Bankräubern konnen die Fingerabdrücke schnell B und M zugeordnet werden, damit wurde die Verbindung zur langjährigen Banküberfallserie hergestellt, Zudem gab es über B un M bereits Aktenvorgänge. Deshalb wissen die Ermittler bereits am 06.11.2011, wer B und M sind und das es ein Nazi-Trio war, das 1998 untergetaucht ist. Damit rückt Z plötzlich ins Interesse der Ermittler. Außerdem ist den Behörden in Thüringen schnell klar, was es mit der Ceska 83 und den beiden Pistolen HK P 2000 auf sich hat: die herausgefeilten Seriennummern der Polizeiwaffen sind noch rekonstruierbar und die Ceska hat einen Schalldämpfer. - Innerhalb nur weniger Stunden ahnen die Ermittler so am 06.11.2011, was in den letzten vierzehn Jahren in der Bundesrepublik durch BMZ geschehen sein könnte.

Alles weitere ist bekannt.

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