Samstag, 29. Januar 2011

Deutscher Bundestag wählte Roland Jahn gestern zum neuen Beauftragten für die Stasi-Unterlagen

Nun ist es offiziell: Der Deutsche Bundestag hat mit überwältigender Mehrheit den aus der Lichtstadt stammenden, früheren SED-Kritiker und DDR-Regimegegner, Roland Jahn zum neuen Beauftragten für die Stasi-Unterlagen (und damit zum Chef einer Bundesbehörde mit 1800 Mitarbeitern) gewählt. Er wird damit itte März 2011 direkter Nachfolger von Joachim Gauck und Marianne Birthler.

Roland Jahn, 1953 in Jena geboren, gehörte seit den 70er-Jahren zu den Kritikern des SED-Regimes und protestierte unter anderem 1976 gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Dies kostete ihn seinen Studienplatz an der Jenaer FSU, wo er Wirtschaftswissenschaften studierte. Fortan war er Transportarbeiter bei Zeiss, setzte seine Protestaktionen dennoch fort. 1977 trug er in Jena auf der staatlichen Demonstration zum 1. Mai statt der erwarteten Banner mit DDR-Pflichtparolen ein leeres weißes Plakat, stellte sich später, erneut bei der Jenaer Feier zum "Tag der Arbeit" mit einer Doppelmaske als Hitler/Stalin neben die Bezirksleitung der SED. Lange versuchte man ihn wegen solcher Taten einzuschüchtern oder zu bestrafen, was aber nicht wirklich gelang. Am 1. September 1982 wurde er dann wegen einer Bagatelle verhaftet - Jahn hatte an seinem Fahrrad ein kleines Fähnlein mit dem Schriftzug der polnischen Gewerkschaft "Solidarnosc" angebracht - und zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt.

Dieses Willkürurteil hatte allerdings zur Folge, dass man im Ausland auf Jahn aufmerksam wurde. Nach, teils heftigen, internationalen Protesten wurde Roland Jahn im Februar 1983 entlassen. Er setzte seinen Protest nun konsequenter fort und demonstrierte gemeinsam mit der "Jenaer Friedensgemeinschaft" gegen das Unrecht in derDDR, was im Sommer 1983 schließlich zu seiner Abschiebung in die Bundesrepublik führt, wo er schnell eine der wichtigen Stimmen der freien DDR-Opposition wurde.

Ende der 80er-Jahre unternahm er ein Husarenstück: Roland Jahn reiste illegal in die DDR ein, traf sich mit anderen Oppositionellen, ließ sich aber schließlich zur Rückkehr in die Bundesrepublik überreden. Seine Kontakte zur DDR-Opposition nutzte er jedoch und schmuggelte die Videokamera in den Osten ein, mit welcher der Fotograf Siegbert Schefke im Oktober 1989 illegal die berühmten Aufnahmen von der Leipziger Montagsdemonstration machte, die um die Welt gingen und mit zum Ende der DDR beitrugen.

Für Jahn, der nach der Wende Redakteur für das ARD-Magazin "Kontraste" war, im Beirat der Robert-Havemann-Gesellschaft (mit dem Archiv zur DDR-Opposition) saß und dem Fachbeirat der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angehörte, stimmten gestern 535 Abgeordnete. 21 Parlamentarier votierten mit Nein, 21 Abgeordnete enthielten sich.

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