Donnerstag, 9. Dezember 2010

Schnee auf Gehwegen: Die Kleinen räumen es, die Großen versäumen es

"Jedes Mal derselbe Ärger." Die 85jährige Dame aus der Löbstedter Straße macht ihrem Unmut freie Luft. "Ich lasse meinen Hausbewohner schon am frühen Morgen Schnee vom Gehweg schippen und die Bahn tut wieder nichts." Heute war er schon um kurz nach 6 Uhr draußen gewesen und habe fast eine Stunde geschippt, gekippt, gestreut und gesalzen, nur damit die Fußgänger nicht ins Rutschen kommen. "Schließlich ist das meine Pflicht ais Hausbesitzer", sagt die alte Dame.

Was sie aufregt, das regt viele andere Hausbesitzer ebenso auf. Jeder von Ihnen (egal ob Großmutter oder Wohnungsgesellschaft) ist laut Aussage des Vereins "Haus und Grund Jena" verpflichtet, bei starkem Schneefall den Gehweg "vom Schnee zu reinigen", wie es in der entsprechenden Satzung der Stadt Jena so schön heißt. Ansonsten droht ein saftiges Bußgeld; gar nicht vorstellen mag man sich, dass irgend jemand vor dem eigenen Haus stürzt und zu Schaden kommt - hier ist jeder einzelne Hausbesitzer für das Schneeräumen selbst verantwortlich. Die Streupflicht beginnt üblicherweise mit dem Berufsverkehr um 7.00 Uhr und endet um 20.00 Uhr. Wenn es den ganzen Tag über schneit, muss unter Umständen auch mehrmals gestreut werden. Geräumt und gestreut werden muss der Gehweg je nach kommunaler Bestimmung auf einer Breite zwischen 0,80 und 1,20 Meter.

Aber es sind, und das bemängelt die alte Dame am Beispiel der Deutschen Bahn, oft auch Grundstücksbesitzer "am Start", die nicht nur nicht täglich sondern in Extremfällen überhaupt nicht Schnee räumen. "Die Bahn hat in den letzten zehn Jahren ganze drei Mal Schnee geräumt", sagt sie. "Nicht drei Jahre lang sondern in zehn Jahren drei Mal und zwar als es massive Beschwerden gab und Menschen gestürzt waren. Dabei ist deren Grundstück mehrere hundert Meter lang und meines nur knapp zehn Meter. Trotzdem muss ich jeden Tag, an dem Schnee fällt, meinen Gehweg reinigen lassen. Und denen von der Bahn passiert überhaupt nichts", sagt sie verärgert.

Warum dies so ist, das kann sie nur vermuten. "An die Großen traut sich eben niemand ran!" ist ihr Resume. Ob das stimmt, darüber kann sich derzeit in unserer Stadt jeder seine eigenen Gedanken machen.

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